Nilg über Nilg

Bandinfo Nilg ist mittlerweile 16 und darf Bier trinken. Da kann man sich auch mal ein historisches Bandinfo leisten.

Nilg formierte sich 1991 im Weichbild von Köln. Von Vorbildern aus Psychedelic Rock und Krautrock (insbesondere Can, Queen, Herb Alpert) herkommend, haben sie ihrem Spiel über die Jahre eine ganze Reihe von Einflüssen einverleibt, von Jazz und Dub über Elektronische Musik bis hin zu unterschiedlichen Arten sog. "ethnischer" Musik (Stockhausen, Kuti, Gainsbourg usw.). Dieses stilistische Sammelsurium bildet den Fundus musikalischer Formen, die in rythmusbetonten Improvisationen, Klangcollagen und dem gelegentlichen Song immer wieder neu rekombiniert werden. Das lässt sich auf die Formel bringen: "elektronische Musik – handgespielt" - allerdings nicht im Sinne der wachsfigurenhaften Perfektion so mancher Postrock-Band, sondern als selbstorganisierendes, groovendes Chaos.

Personelle Überschneidungen und musikalische Nachbarschaft verbinden Nilg mit Workshop, Blutsiphon, 1000 Feue Sommeri und Dreamers Collection.

Besetzung

Hannes Bergthaller: Bass
Matthias Köchling: Schlagzeug
Markus Neuheuser: Orgel, E-Piano, Moog
Gondi Norola: Gesang, kleinere Tasteninstrumente
Jens Schulze: Gitarre, größere Tasteninstrumente

Andere über NILG

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Presse TMTPF

Jochen Bonz in Intro (114, März 2004)

CD / www.nilg.de / a-musik
Mit Nilg ist es nicht einfach, denn was diese Band auszeichnet, ist zugleich, dass sie eine Phantasmagorie produziert und wie sie dies tut. Beides ist völlig beeindruckend. Vielleicht fange ich mit dem Wie an. Mit einem Aspekt des Wie, als Fragen formuliert: Wie häufig ändern Songs in der Regel ihre Richtung? Durch wie viele unterschiedliche Landschaften führt ein Track? Genau. Vielleicht eineinhalb. Bei Nilg – soviel ich weiß, eine Band aus dem geheimnisvollen Bergischen Land – können in einem Song wie dem besten des Albums, ›Connections‹, schon mal, sagen wir, fünf solcher Landschaften auftauchen. Und zwar: in einem Song! Der endet in einem Sixties-Pop-Chor, von dem die vorherigen drei Minuten keine Rede war, auch wenn man es sich im Nachhinein gar nicht mehr anders vorstellen kann. Oder die female vocals bei ›Urlaub Auf Dem Stuhl‹: Wenn Wörter so fein akzentuiert werden, hat sich die Normalität verwandelt. Das ist weirde und schöne Musik. Neben anderem hat sie mit britischem Postrock zu tun (Talk Talk, Robert Wyatt). Und das Was der Phantasmagorie? So viel weiß ich: Auf ihrem Grund liegt ein Vorstadt-Westdeutschland von vor langer Zeit; ein heute nur noch in der Kunst zugängliches Zuhause.

Christian Meier-Oehlke in StadtRevue (März 2004)

(Eigenverlag/a-musik) NILG aus Bergisch Gladbach teilen das Schicksal so vieler großer Bands: Nie richtig bekannt geworden, bald schon in Vergessenheit geraten. Dabei lief es Mitte/Ende der 90erJahre ziemlich rund für die Jungs um Sänger Gondi Norola. Man war in einer Posse mit Kai Althoff, den großartigen Workshop und dem Regierungsbezirk Köln, veröffentlichte eine sehr lustige LP auf dem damaligen Workshop-Label Finlayson und freute sich des Daseins zwischen Krautrock und Kraut. Das wars auch schon fürs Erste. Doch anstatt Werbeagenturen zu gründen, wurden heimlich weiterhin Tracks eingespielt und gelegentliche Auftritte zwischen geschoben. Die Songs von "To Move" entstanden in den Jahren 1994 bis 2003 und irrsinnigen sich durch Can (der Name muss hier fallen, vor allem wegen des Einsatzes der Percussion), Soft Machine, Workshop, Amon Düül, Afrobeat (ansatzweise) und Space Psychedelica. Auf dem Cover ist das (Wohnzimmer-)Studio abgebildet, die Nummern heißen "Pitschjodler", "Grüner Hügel" oder "Scheißfisch", gesungen wird auf Deutsch, Englisch, NILG-Sprech und Chinesisch (vermutlich, Gäste: He Xiaoli, Xia Yanzi). Das wird wahrscheinlich wieder nicht der große Durchbruch für die Formation, aber "To Move" ist eine der besten Platten aus der Region seit langem. Notorisch, lustig, genial.

Jan-Niklas Jansen in der Spex (März 2004)

Diese Rezension wurde aufgrund eines technischen Problems total verstümmelt abgedruckt. Wir werden den vollständigen Text hier demnächst … Natürlich.

Carsten Schinko auf Hayfever.de (April 2004)

Diese sehr ausführliche Rezension lest Ihr am besten direkt auf Hayfever.de

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Presse DYTIAWISH

Jochen Bonz in Intro (Dez 1997/Jan 1998)

Was hier gerne Hallo sagen möchte, ist eine Band aus Köln und dem Bergischen Land. NILG, die Band der 18 Schattierungen (so viele Stücke hat das Album), der ziemlich, aber nicht übertrieben eklektischen Verweise (CAN natürlich, aber nur unter anderem) und des Humors (angeblich haben NILG die Bühnenpräsenz von MIKE FLOWERS; bestimmt spielen sie mit ihrer ländlichen Kirmes-Erfahrung; bestimmt rufen sie verstörte Hallos Richtung Publikum ["Prince Of Darkness"]; bestimmt auch rappen sie irrwitzig einen Alptraum in sich englisch anhörender deutscher Sprache ["Schweißgebadet"]).

Würde mich nicht wundern, wenn NILG ihre Entwürfe komplett als Träumerei beschrieben. Immerhin taucht das Thema neben "Schweißgebadet" auch noch im Titel des ersten Stücks auf ("Traum"). Ein Traum von entspannt experimenteller Rockmusik. Dennoch ziehe ich ein anderes Bild vor, um die hier ausgestellte Vielseitigkeit irgendwie zu fassen: Filmmusik. Zu einer surrealistisch erzählten, ja fiktiven Geschichte der Rockmusik. So kommt das Album zum Beispiel immer wieder auf eine Formulierung von Sixties-Appeal zurück, die nichts mit BACHARACH, aber zumindest mit Soul zu tun hat. Rauh-eingängiger Soul vom Schlage Booker T.s vieleicht? Besonders der unbedingte Smasher "Whamby '81", mit seinem noch unbedingteren Groove, seiner Orgel, seinem Frauen-Männer-Chorus (man hört das Geschlecht zunächst wirklich nicht heraus) erinnert an Stax-Soul. Eine Liebesgeschichte wird erzählt. Cooles Autofahren unter Sternen. Wie im Film... Wäre dieser chronologisch verfasst und das Album wirklich als fiktives Rockgeschichte-Erzählen konzipiert, das Ganze würde in Deutschland im Jahr 1997 und bei handgespieltem Techno enden. Und wirklich: auch etwas in der Art haben NILG im Angebot.

Weiteres großes Bild, neben Traum/Film, ist Psychedelik. Großes Thema unserer Zeit, insbesondere auch seit Kai Althoffs großem Durchstarten (WORKSHOP, SUBTLE TEASE). Und tatsächlich sind NILG und die Althoff-Projekte mehr als nur lose verzahnt. Der große NILG-Sänger, Gondi Norola, singt auch für SUBTLE TEASE. Der große WORKSHOP-Sänger Stefan Mohr singt auch für NILG. Matthias Köchling spielt überall großes Schlagzeug. Im Gegensatz zu Kai Althoffs Projekten dreht sich bei NILG jedoch nicht alles um die Achse Leiden/Exzess/glamouröses Aufbegehren. "Do You Think ..." deutet Psychedelik eher an, als Grenzerfahrungen zu inszenieren. Verrücktheiten bleiben auf dem Boden der Tatsachen. Nicht langweilig, aber kompatibel zum Alltag. Das ist aufregend genug, um andererseits auch seelengut zu sein.

Erhältlich ist "Do You Think …" möglicherweise im gut sortierten Schallplattenhandel, mit Sicherheit aber bei Finlayson, Siebengebirgsallee 2, 50939 Köln. Auf dem kleinen, feinen Label erschienen bislang und neben den ersten beiden WORKSHOP-Platten die Debütalben von KREIDLER und GENF. Dieses Jahr außerdem "Daen" von BIEGEN, melancholisch-ironievolle Rockmusik mit dem Dylan-Cover "It's Allright, Ma (I'm Only Bleeding)", und ein entfernt an FOREVER SWEET erinnerndes, jedoch weniger formalistisches Stückchen Housemusik, die "Broken Heart EP" von DIN (Andreas Oster).

Rolf Witteler in StadtRevue (Sep 1997)

Du brauchst einen Plattenspieler. Nilg kommen aus Bergisch-Gladbach und debutieren auf dem Kölner Label Finlayson und "Do You Think…" ist nur als LP erhältlich. Nilg machen so seltsam schöne Musik, dass ihr lokaler Charakter egal sein sollte. Seltsam an ihnen ist, dass sie humorvoll und experimentell sind, ohne damit auf die Nerven zu gehen. Ihr Humor ist nicht dieser schrecklich augenzwinkernde, es ist eher der Humor von Leuten, die jede Menge Irrsinn in der Birne haben und es verstehen, ihn auf nette Weise so zu verpacken, dass man sich gleichzeitig wundert und unterhalten wird. Ihre Musik nach Einflüssen und Stilistik aufzudröseln, ist nicht einfach. Sie machen Stücke, die Motive aus Walzer- ("maybe") und Kirmesmusik ("kirmes") verarbeiten, Miniaturen mit Rückwärtsspuren ("red moon over azira"), komische Stereoeffekte ("linkes ohr, rechtes ohr"), und wenn es denn sein muss, dann gibt es auch einen jazzy sommerhit ("whamby '81"), der nach Italien will. Der Vergleich der Plattenfirma mit der Kölner Band Workshop ist wegen ihrer Eigenart Popmusik zu machen, die nicht als solche rezipiert werden kann, dann auch zulässig. Das alles atmet Verspielt- und Verwegenheit und ist dabei noch hervorragend aufgenommen. "Do You Think It's Allright When I Say Hello?" "Yes!"

WWW-Schnipsel

[…] Denn nach dem Essen soll man Zähne putzen. Dort treffen wir NILG, die uns fragen "Do You Think It's Okay When I Say Hello?" (na, wenn sie doch so nett fagen…..). Und damit sind wir beim guten alten Artpop angelangt. Wir öffnen den Alibert (tm) und pralle Ideen quellen hervor. Hier sind wir im Wunderland von Seventies Electronic Rock (CAN muss man da nennen) und unmittelbarer Nähe des Jazzrock angelangt, aber irgendwie schaffen es NILG, dass das alles nicht peinlich klingt, sondern einfach nur verdammt moderne, wunderbar verschrobene Popmusik ist. […]

[…] a great album with a weird mixture of Kraut, Can and groovy low-fi pop […]

[…] Aberwitzig skurrile Stilcollagen aus Köln, mal im Stile eines Alan Jenkins, mal in der Tradition von Bands wie der Plan oder Palais Schaumburg. […]

Schlechte Presse

Weihnachten 2003 meinte es das Schicksal nicht gut mit zwei Herren von Duschen ist kein Heavy Metal und spülte sie auf ein Nilg-Konzert, wo sie sich aber nicht recht wohlfühlen wollten. Mit unserer fiesen Mucker-Musik, ihrer beifallsheischenden Zurschaustellung vertrackter Takte, aber auch dem zum nicht geringen Teil aus Chemieopfern bestehenden Publikum inspirierte diese unsagbare Veranstaltung die beiden unfreiwilligen Zuschauer zu einer recht aufschlussreichen Analyse.